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my fistful of opinions

Ein Jahr Corona-Unterricht

13.03.2021 - das erste Jahr Corona ist rum und ich bin ein ganz klein wenig stolz auf mich.

Am 13.03.2020 begann der Lockdown - die Schulen schlossen zum folgenden Dienstag, 17.03.
Montags mussten ich und ein Kollege im Schnelldurchgang im Kollegium und in alle Klassen ein Zoom-Briefing durchführen. Schon länger hatten wir die Overheads durch Dokumentenkameras (und Beamer) ersetzt. Dass die Technik bereits vorhanden war, auch wenn sie leider nur spärlich eingesetzt wurde, kam uns natürlich sehr zu pass.
In den folgenden Tagen stellten wir aber erstmal fest, welche eMail-Adressen im System der Schulverwaltung fehlerhaft oder nicht mehr aktuell waren.
Und wir begannen uns an den Lockdown zu gewöhnen und "durchzuwurschteln".

Ich hab damals (und bis heute immer mal wieder) die Hände über'm Kopf zusammengeschlagen in Anbetracht der über's Knie gebrochenen Konzepte und Ideen, über das ständige Flickschustern an allen Ecken und Enden. Erst mit einigen Wochen Verspätung konnte ich feststellen: im Vergleich zu andern (meist öffentlichen) Schule waren wir gar nicht mal so schlecht. Keine Frage, wir kamen (und kommen) nicht ansatzweise an digitale (sogenannte) "Leuchtturmschulen" heran, aber es lief. Noch lange nicht das, was man unter "hybridem Unterricht" oder "blended learning" versteht, aber es lief: stabil, verlässlich und nach Stundenplan.

Alle waren froh, als der Lockdown 1 vorbei war. Und gefühlt wurde ich belächelt, als ich mit meiner Klasse 12 begann - parallel zum regulären Präsenz-Unterricht - die landeseigene Lernplattform "moodle" einzusetzen. Ab jetzt würde ja hoffentlich alles besser. Ich vergesse wohl nie, wie ich im Büro unseres ITlers stand und ihn bat, er möge beim Land anfragen, ob wir als Privatschule einen Moodle-Zugang bekommen. Er blickte noch nicht einmal auf als er meinte: "Den haben wir seit 6 Jahren. Hat aber bislang niemanden interessiert..." Das musste erstmal einen Moment sacken. "OK, können sie mir da einen Account einrichten?".
Wenige Minuten später war ich 2. Admin.
Wenige Tage später war das Schulmoodle ordentlich eingerichtet (ich sollte die Struktur in den nächsten Wochen noch 2 Mal völlig überarbeiten), mein Oberstufenkurs ebenfalls eingepflegt und ich begann mit meinen "Versuchskaninchen" in Moodle zu experimentieren.

Zum Ende des Schuljahres wurde klar - ganz so schnell wird dieses Sars-CoV2 nicht weg sein. Kurz vor den Sommerferien stellte ich "mein" moodle und ein Kollege "sein" OneNote unserer Schulleitung als Unterrichtsunterstützung im Falle eines weiteren Lockdowns vor.
So bekam ich für die letzte Sommerferienwoche den Auftrag eine entsprechende Fortbildung für's Kollegium zu planen und durchzuführen. (Lehrer sind ein sehr anstrengend zu unterrichtendes Völkchen. Erst recht, wenn einige nicht so wirklich dazu bereit sind.) Genauso konnte ich zum Ende der Sommerferien die landeseigene Videokonferenzsoftware BigBlueButton beantragen und in moodle integrieren.

Manche Kollegen begannen von Anfang des neuen Schuljahres an mit Moodle zu arbeiten, andere erst mit dem erneuten Lockdown seit Dezember. Auch die Begeisterung des Kollegiums für meine angebotenen Mikro-Fortbildungen zu digitalem Unterricht könnten größer sein - freundlich ausgedrückt - , aber wir sind auf einem brauchbaren Weg.
Spätestens zum kommenden Schuljahr soll mit "DieSchulApp" der nächste Schritt zur Digitalisierung kommen und z.B. Klassenbücher aus Papier überflüssig machen. (Ich habe übrigens rechtzeitig "NEIN" gesagt: da darf sich nun eine Kollegin ihre Sporen verdienen.)

Ich möchte nicht wissen, wie lange so ein Prozess OHNE Corona gebraucht hätte.
Und ich möchte nicht wissen, wie weit wir (bzw. einige Kolleg*innen) zurückfallen, wenn das alles tatsächlich vorbei ist.

But I will see.

Binge watching "Corona"

Ich fühle mich aktuell wie zwischen zwei TV-Staffeln.
Die zweite Staffel "Walking Corona" ist gerade fulminant zu Ende gegangen: Eine neue Insel-Mutante in Freiburg hat den Regierungssplan der Schulöffnung einfach so zunichte gemacht. Im spann... ähm... gähnenden Finale einigten sich die Protagonisten trotz der neuen Gefahr sich nach draußen, in die "Freiheit", zu wagen.
Jetzt läuft der Trailer für Staffel 3 - Arbeitstitel "Und täglich grüßt das Coronatier". Während die Vorbereitungen der Regierung weiter vorangetrieben werden sieht man in kurzen Zwischensequenzen Mutanten mit erhöhter Ansteckungsgefahr; mit erhöhter Gefahr schwerwiegender Verläufe bei Erwachsenen und Kindern; wie wöchentlich Schulen und Kitas wegen der Mutanten geschlossen werden; und als letzten, abschließenden "Cliffhanger" des Trailers den Zeitungstitel: "The Rise of the African Mutants".
Gleichzeitig wurde von den Machern der Serie gerade mitgeteilt, dass die bereits angekündigte vierte Season, "SarsCov - Der letzte Widerstand", aus kommerziellen Gründen verschoben wird, um mehr Staffeln produzieren zu können.
Die einzige Frage, die bleibt: Werden die Zuschauer auch von Season 3 wieder genauso infiziert sein wie von der Vorhergegangenen?
Ich befürchte ja.

Ein handvoll Worte zu Impfstoffen...

Nachdem ich inzwischen viel Halbwahres oder auch Erfundenes über Impfstoffe habe lesen und hören müssen, mich fast alle Klassen aktuell über Impfstoffe und Impfstoffsicherheit ausgefragt haben, hab ich da mal was zusammengeschrieben.

edit: 05.12.: Vektorimpfstoffe ergänzt.


Impfstoffe sind die erfolgreichsten Medikamente, die die Menschheit hervorgebracht hat: sie heilen keine Krankheit, sie verhindern dass man überhaupt erkrankt. Nur dank Impfstoffen konnte die Menschheit - bislang einmal in der Geschichte - sogar eine Krankheit eliminieren. 1979 wurden, nach weltweiten Impfkampagnen, die Pocken für ausgerottet erklärt. "Impfmüdigkeit" oder gar "Impfgegner" gab es nicht - jeder hatte zu plastisch vor Augen, wie viel mal schlimmer die Krankheit(en) einen treffen kann (können).

Wie funktioniert eine Impfung?

Bei einer Impfung lernt der Körper einen Krankheitserreger kennen, ohne dass man dabei die Krankheit selbst erleiden muss. An Oberflächenmolekülen (Antigenen) des Krankheitserregers erkennt unser Immunsystem den Fremdkörper und bekämpft diesen. Die Impfung macht sich (meist) zu nutze, dass für eine Reaktion des Immunsystems der Erreger selbst nicht notwendig ist. Es reicht allein das Antigen.
Nach einer Immunantwort besitzt unser Körper ein Immungedächtnis für diesen Erreger, dass Monate, Jahre oder auch ein Leben lang halten kann.

Wie entstehen Impfstoffe?

Lebendimpfstoffe / attenuierte Impfstoffe

Die ursprünglichste Variante des Impfens ist wohl die Impfung mit Lebendviren. Edward Jenner publizierte 1798 seine Ergebnisse mit Kuhpocken. Wer mit den harmlosen Kuhpocken infiziert wurde war danach immun gegen die echten Pocken (Klugscheißerwissen: der Begriff "Vakzination" für Impfung bzw. "Vakzine" für Impfstoff entstammt dem lateinischen "vacca" für Kuh).
Eine Variante davon wird noch heute benutzt: indem man Viren (in Tieren - Hühnereiern - oder in Zellkulturen) vielfach vermehrt, verlieren sie ihre Gefährlichkeit. So gewinnt man abgeschwächte, attenuierte, Krankheitserreger als Impfstoff.

Der (orale) Impfstoff gegen Kinderlähmung (Polio) oder der Masernimpfstoff gehören zu dieser Gruppe.
Lebendimpfstoffe haben den Vorteil lang anhaltender und meist auch wirkungsvoller zu sein, als Totimpfstoffe.

Totimpfstoffe - Virusinaktivierung

Bei der Virusinaktivierung wird das Virus zerstört: man löst die Virusmembran auf (bei Viren mit Membran), man denaturiert ("zerstört") die Proteinhülle (bei Viren ohne Membran), man zerstört die DNA (z.B. durch UV-Licht).

Dadurch die Zerstörung der Membran/Proteinhülle können Viren nicht mehr an ihre Zielzellen andocken, Durch die Zerstörung der DNA kann es sich nicht mehr vermehren.

Totimpfstoffe - Untereinheitenimpfstoffe

Diese Impfstoffgruppe nutzt nur noch die Oberflächenmoleküle, die Antigene. Sie zu gewinnen gibt es zwei Wege:

  1. Man gewinnt sie direkt aus den original Krankheitserregern und reinigt sie auf bis nur noch das Antigen selbst vorhanden ist.
  2. Man stellt sie gentechnisch - rekombinant - her, wie man es z.B. auch mit anderen Stoffen (Enzyme im Waschmittel, Insulin, etc.) schon lange macht: Das Gen ("Bauplan") für das Antigen wird aus der Virus-DNA herausgeschnitten und in einen DNA-Ring eingebaut. Dieser DNA-Ring wird in ein Bakterium eingepflanzt, der dann mit der neuen DNA das macht, was er auch mit seiner eigenen DNA macht: er liest und befolgt die Information. Dieses "rekombinante" Bakterium baut nun also die Virusantigene nach. Die reinigt man zum Impfserum.


Jetzt muss ich einen kurzen Exkurs über die Herstellung von Proteinen (das Antigen ist ein Protein) einschieben:

Herstellung von Proteinen in der Zelle:

Die Information (der "Bauplan") für die Proteine, die eine Zelle herstellt, befindet sich in ihrer DNA. In unseren "höheren" Zellen ist die DNA geschützt im Zellkern. Die "Fabriken", die Ribosomen, für die Proteinherstellung befinden sich aber außerhalb des Zellkerns in der Zellflüssigkeit.
Damit die Information an die Ribosomen gelangt wird eine Arbeitskopie der DNA erstellt. Die mRNA ("messenger RNA"). Sie kann den Zellkern verlassen und an die Ribosomen gelangen.
Die Halbwertszeit einer mRNA liegt bei Minuten bis wenigen Stunden. Sie wird also recht schnell abgebaut.


Genbasierte Impfstoffe - mRNA-Impfstoffe

mRNA-Impfstoffe nutzen nun genau diese Proteinherstellungsfabriken aus: Anstatt fertig produzierte Antigene zu spitzen erhält man nur die mRNA, den kurzlebigen Bauplan, dafür. Die mRNA ist dazu in kleine (und empfindliche) Fettbläschen verpackt.

Die Bläschen können an unsere Zellmembranen andocken und mit ihnen fusionieren. Vereinfacht kann man sich das wie zwei unterschiedlich große Seifenblasen vorstellen, die erst aneinander kleben und in einem "Plopp" zu einer einzigen Seifenblase werden. Die mRNA gelangt dabei in die Zellflüssigkeit und wird von den Ribosomen abgelesen und übersetzt.

Die körpereigenen Zellen produzieren das Antigen nun selbst und präsentieren es dem Immunsystem. Das reagiert auf diese "Infektion" mit einer Immunantwort. Man überspringt damit die Produktion der Antigene in der Pharmaindustrie.

Erstmals wurde diese Impfstoff-Form 1994 an Mäusen getestet. Für Menschen existiert(e) bislang kein zugelassener mRNA-Impfstoff.

Genbasierte Impfstoffe - DNA-Impfstoffe

Neben den mRNA-Impfstoffen gibt (gab?) es auch den Ansatz die DNA-Ringe in die Bläschen zu verpacken und unsere Zellen auch die mRNA-Herstellung selbst machen zu lassen. Dies wird (meines Wissens nach) jedoch nicht umgesetzt: bei DNA besteht nämlich die - wenn auch nur wenig wahrscheinliche - Möglichkeit, dass die fremde DNA den Weg in unsere DNA findet. Wir würden mutieren.

Diese Gefahr besteht bei mRNA nicht. Als Wissenschaftler muss ich ergänzen: "nach derzeitigem Wissen". Nach derzeitigem Wissen ist die Erde aber auch eine kartoffelförmige Kugel.

Als Wissenschaftler muss ich aber auch anmerken: doch, es gäbe eine Möglichkeit. Einige Viren besitzen ein Werkzeug namens "Reverse Transkriptase" (z.B.: HIV, Hepatitis B). Sie können eine mRNA in eine DNA zurückschreiben. Bei einem Impfling, der zugleich mit diesen Viren infiziert ist, besteht also eine zumindest theoretische Möglichkeit, dass auch mRNA-Impfstoffe ins Genom gelangen könnten.

Vektorimpfstoffe

Auch Vektorimpfstoffen sind gentechnisch hergestellte Impfstoffe. Es wird dafür ein ungefährliches Virus benutzt, das man genetisch so verändert, dass es die Antigene des gefährlichen Virus trägt. Man isoliert wieder das Antigen-Gen und transferiert es in das Erbgut des ungefährlichen Virus'.
In der Zellkultur werden nun die Vektorviren gezüchtet, die als Impfstoff verwendet werden können.

Finale

Ja, die mRNA-Impfstoffe sind eine sehr neue Form der Impfstoffe. Sicher werden wir auch noch nicht alle Nebenwirkungen kennen - das gilt genauso aber auch für alle anderen, im "beschleunigten Verfahren" zugelassenen "klassischen" Impfstoffe.

Ich hoffe, jedem wird es freistehen zu wählen, welchen Impfstoff er injiziert bekommt. Aber jeder (von der USA, EU bzw. von Deutschland) zugelassene Impfstoff wird um ein (sehr viel) Vielfaches sicherer sein als sich SarsCoV2 einzufangen.